Das Jahr 1495 - Hamborn

„Was ist passiert?“, fragte Ties. „Ist dein Wagen kaputt, oder ...?“ „Ich wurde überfallen. Diese Mistkerle. Sie wussten es.“ Ties betrachtete die Wunde. Durch seine Haare sickerte frisches Blut. „Was wussten sie?“ „Sie wussten, dass ich einen Umweg fahren würde. In Merxloe herrscht die Pest. Neben der Straße stand ein schwarzes Schild als Warnung vor dem infizierten Gebiet.“ „Ich komme gerade aus der Richtung“, sagte Ties überrascht, „und ich habe kein Schild gesehen. Du wurdest getäuscht, Kaufmann.“ Der Mann grummelte etwas. Ties schaute in den Wagen. Er war völlig leer. „Wurde etwa deine ganze Ladung geraubt?“, fragte er entsetzt.„Nein, ich hatte keine Ware geladen. Das hat mich verraten. Wenn ein Kaufmann einen leeren Wagen fährt, dann wird er entweder eine Menge kaufen oder er hat bereits eine Menge verkauft. In beiden Fällen trägt er einen gut gefüllten Geldbeutel bei sich.“

„Sie haben dein Geld gestohlen“, begriff Ties. „Du hast es erfasst. Ich hatte extra viel Geld eingesteckt, weil ich auf dem Weg zum Kölner Drittelstag war. Ich wollte meinen Wagen bei Freunden in Düsseldorf unterstellen und ihn dort vollladen.“ „Was ist der Drittelstag?“ „Ein Hansetag. Diese Treffen fanden ursprünglich einmal im Jahr in Lübeck statt. Doch das ist für die meisten Kaufleute zu weit entfernt. Das Gebiet ist enorm groß. Damit alle Mitglieder anreisen können, wurde das Gebiet in Drittel unterteilt. Die Hansetage finden seither an drei unterschiedlichen Orten statt. Nun ist Köln zum ersten Mal seit siebzehn Jahren wieder an der Reihe. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen!“ Der Mann griff nach seinem Beutel, der an einer Schnur um seinen Hals hing.“ Weißt du, was wirklich ärgerlich ist? Ich hatte mich gut auf diese Reise vorbereitet. Ich habe Ingwer und Zimt in meinem Beutel. Ein Apotheker sagte mir, dass es gegen die Pest helfe. Und doch ließ ich mich verunsichern und beschloss, einen Umweg zu fahren.“ Ties nickte. „Vor den Räubern hat es dich jedenfalls nicht geschützt.“