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Das Jahr 1505 - Zeddam

  • Erstellt von Joke Eikenaar
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Auf der anderen Seite der Kreuzung stand ein mit Korngarben beladener Wagen. Ties näherte sich von hinten. Vor dem Wagen ertönte eine wütende Stimme. Neugierig lief Ties um den Wagen herum. An der Deichsel standen ein Esel und ein Mann, der verärgert am Geschirr des Tieres zog.

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„Kann ich helfen?“, fragte Ties. „Ach, dieses sture Vieh. Er hat sich vor einem Fasan erschrocken, und nun bewegt er sich nicht von der Stelle.“ „Hast du es noch weit?“ „Nein, nur noch ein kleines Stück. Ich muss bis zur Gabelung. Dort steht die Zwangsmühle.“ „Was ist denn eine Zwangsmühle?“, fragte Ties neugierig. „Das ist eine Mühle, in der ich mein Getreide malen lassen muss. Gegen Geld, versteht sich! Ich darf zu keiner anderen Mühle gehen.“ „Warum?“ „Das besagen die Gesetze des Landes von dem Bergh. Ja wirklich, Bergh ist eine eigene Reichsgrafschaft. Oswald der Erste von dem Bergh ist ein Reichsgraf. Unser Land ist neutral, es gehört weder den Habsburgern, noch den Burgundern und auch nicht dem Herzog von Geldern. Dementsprechend gelten hier unsere eigenen Gesetze. Unsere Grafen haben das Recht auf den Boden, den Wind und das Wasser. Wenn ich mein Getreide anbaue, zahle ich Steuern für die Nutzung des Bodens. Und wenn ich es malen lasse, bezahle ich Steuern für die Nutzung des Windes. So erhält der Graf zwei Anteile von meinem Ertrag.“

„Wie kannst du so ruhig bleiben? Ärgert es dich nicht?“ „Nun ja, so ist der Adel halt. Ob ich nun hier wohne, in Geldern oder in Emmerich. Egal, ob du nach links oder rechts gehst, der Adel wird dich überall ausnehmen wie eine Weihnachtsgans. Wir haben doch keine andere Wahl.“ Das Gespräch hatte den Esel entspannt. Vorsichtig ging er ein paar Schritte vorwärts. Der Bauer tätschelte dem Tier liebevoll den Hals. „Wohin zieht es dich als nächstes?“, fragte er Ties. „Ich werde einen Schlafplatz für die Nacht suchen.“ „Hier gibt es Herbergen satt und genug. Geh nur nicht zu Lyse Poer. Die Frau wird vom Sohn des Grafen ausgehalten, mit dem sie drei Kinder hat. Und das, obwohl er nächsten Monat eine andere heiraten wird. Nein, nein. Lyse gehört schon lange nicht mehr zu uns. Sie lebt von unseren Steuergeldern. Jedes Mal, wenn ich für die Mühle bezahle, muss ich an sie denken.“

Erstellt von Joke

Joke Eikenaar ist Illustratorin und Schriftstellerin und lebt in der Nähe von Zwolle. Geschichte ist ihre Leidenschaft. Besonders fasziniert ist sie von der Geschichte der niederländischen Länder. Für ihre historischen Romane und Geschichten recherchiert sie mit viel Liebe.