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Das Jahr 1524 - Diepenveen

  • Erstellt von Joke Eikenaar
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Zunächst dachte Ties, dass der Karren am Wegesrand unbemannt wäre. Ihn umgab eine merkwürdige Stille. Erst als er schon fast vorüber war, sah er den Fahrer auf dem Sitz kauern. Er hatte sein Gesicht in die Hände gestützt.

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„Ist alles in Ordnung?“, fragte Ties vorsichtig. „Kann ich Ihnen helfen?“ Der Mann schaute auf. Sein Blick war traurig, seine Augen rot unterlaufen. „Nein, danke. Wenn du kein Priester bist, dann kannst du mir nicht helfen.“ Ties musste beinahe schmunzeln. Doch der Mann schien es ernst zu meinen. „Und was könnte ein Priester für Sie tun?“ „Er könnte mir sagen … Hoffentlich …“, er schluckte. „Wenn du diesem Weg folgst, dann kommst du zum Nonnenkloster Diepenveen. Dort leben meine Cousinen, meine Schwester und meine Tante. Aus den Familien Essink und ter Beecke. Mir wurde berichtet, dass sich im Kloster ein Kampf zugetragen hat. Es soll Tote geben. Ich war gerade vor Ort, um mich zu erkundigen, aber niemand will mir Auskunft geben.“

„In dem Kloster wurde gekämpft?“ Ties‘ Erstaunen war deutlich hörbar. „Sag mir nicht, dass die Nonnen miteinander gekämpft haben!?“ „Das will ich nicht hoffen. Die ganze Aufregung haben wir dem neuen Bischof zu verdanken, den niemand haben will: Heinrich von der Pfalz. Er wurde ernannt, ist jedoch noch nicht geweiht. Sein Antritt lässt sich also noch verhindern. Delegierte aus Zwolle sind zum Kloster Diepenveen gereist, zu Beratungen über den Bischof, der ihnen aufgezwungen werden soll. Sie hatten einen Freibrief und wurden dennoch von den Geldrischen angegriffen.“ „Und nun wissen Sie nicht, ob Ihre Familie in Sicherheit ist?“ „Richtig! Die Klosterbewohner sind sehr verschwiegen. Die Nonnen reden nicht mit Männern. Wir haben die Hälfte unseres Familienvermögens dem Kloster gespendet, was scheinbar nicht bedeutet, dass man irgendwelche Rechte besitzt.“ Der Mann klang verbittert.

„Kommen Sie von weit her?“, fragte Ties. „Aus Zwolle. Unsere Familie besteht aus Schöffen, Drosten und Mitgliedern des niedrigen Adels. Meine Eltern waren nicht sehr glücklich, als meine Schwester ins Kloster ging. Zum Glück ist Zwolle eine Hansestadt. So sind wir trotzdem über die Runden gekommen. Ansonsten hätte uns das Kloster finanziell ruiniert.“ Ties war sich sicher, dass der Mann übertrieb; und doch hatte er Verständnis für seine Enttäuschung. „Trotz allem sind Sie hergekommen.“ „Natürlich. Familie bleibt Familie. Das ist mir wichtig!

Bildnachweis: Barbara Trienen

Erstellt von Joke

Joke Eikenaar ist Illustratorin und Schriftstellerin und lebt in der Nähe von Zwolle. Geschichte ist ihre Leidenschaft. Besonders fasziniert ist sie von der Geschichte der niederländischen Länder. Für ihre historischen Romane und Geschichten recherchiert sie mit viel Liebe.